Praktisch in letzter Minute konnte ich noch eine Installation im „Kunstwechsel“ in der Wilhelmstraße in Aachen besichtigen (s. Foto oben). Die Gestaltung des Raumes und der Anlass vermittelten denkbar unangenehme Gefühle. Zu sehen sind 186 Kinder-Fahrradhelme auf etwas, das an Schultüten erinnert, davor steht jeweils ein Kinder-Gummistiefel.
Es ist eine Installation, die an einen schrecklichen Terroranschlag auf eine Schule (!) erinnert. Am 3. September 2004 wurden 186 Kinder in der Schule von Beslan (Nordkaukasus) durch einen Terroranschlag getötet. In Gedenken an diese Opfer hatte der Künstler Mohammed Ahmed die Installation „Memory Beslan“ entwickelt. Bis zum 15. Februar hatte er sie im Kunstwechsel wieder aufgebaut, um der aktuellen Terroropfer zu gedenken.
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Die nächste Ausstellung im „Kunstwechsel“ wird am Freitag, 27. Februar, um 18 Uhr eröffnet. Zu sehen sind bis zum 10. März Werke der in Berlin lebenden Künstlerin Elena Katz, die in New York geboren wurde. Ausstellungsmacher Wolfgang Becker und der Kulturbetrieb der Stadt Aachen laden ein.
Katz ist eine jüdisch-amerikanische Konzeptkünstlerin. „Spaced Memory“ (2011 bis jetzt) ist ein fortlaufendes Multi-Media-Projekt, in dem Orte vergessener jüdischer Geschichte in Ländern Osteuropas dokumentiert und betrachtet werden. „Eine Auswahl aus diesem sich entwickelnden Projekt und verwandte Arbeiten werden gezeigt“, so wird in der Einladung zur Ausstellung mitgeteilt.
Die Künstlerin hat Vorfahren, die einst in Aachen lebten. Ein Stolperstein in der Adalbertstraße erinnert seit Jahren an diese Familie. Am Sonntag, 1. März, um 16 Uhr gibt es eine Performance, in der die Künstlerin ihre eigene Familiengeschichte in Aachen behandelt.
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Mit der eingangs erwähnten Ausstellung im „Kunstwechsel“ nichts zu tun hat der Stolperstein für den einstigen Aachener Bürger Fredy Hirsch in der Richardstraße 7. Das ZDF berichtete im Rahmen der Sendung „Mit dem Mut der Verzweiflung. 70 Jahre nach Auschwitz“ über den in Aachen geborenen Fredy Hirsch, Sohn des Metzgers und Lebensmittelgroßhändlers Heinrich Hirsch und seiner Frau Olga. Anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz schilderte das ZDF in einer 80minütigen szenischen Dokumentation das Schicksal von Menschen, die trotz ständiger Todesangst in der Hölle der Mordfabrik Mut bewiesen, ihre Menschlichkeit bewahrten, sich für andere opferten. Fredy Hirsch war einer von ihnen. Und er wuchs als jüdischer Deutscher in Aachen auf.
Rosenmontag. Erst fängt es ganz langsam an . . . Es ist 13 Uhr. Ein paar Leute versammeln sich, mehr und mehr kommen hinzu.
Bald sind es Hunderte, und der Zug geht auch schon los, bzw. er ist aus dem Frankenberger Viertel über Elisenbrunnen und Markt endlich in der Jakobstraße angekommen. Dort ist alles in bester Stimmung, Kinder halten große Beutel parat, um sich für den Rest des Jahres mit Süssigkeiten einzudecken.
Vier Stunden lang geht es nun ununterbrochen rund: Fußgruppe folgt auf Musikkorps folgt auf Narrenschiff folgt auf Pferdestaffel folgt auf ichweißnichtwas. Die ersten drei Stunden sind die Zuschauer noch fit und aktiv, singen, tanzen, rufen „Alaaf“ so laut sie können. Und aus den Wagen regnet es Printen, Popkorn, Rosen, Süßes, Schokotaler, Stofftiere und was sonst kein Mensch braucht.
So geht es immer weiter, manche Gruppe ist nett anzuschauen und marschiert zur Freude der Zuschauer mal vorwärts, mal rückwärts. Politische Themen werden unterdessen in Aachen nicht aufgegriffen. Schade, aber so ist es eben.
Schließlich, es ist längst 17 Uhr durch, tut sich eine größere Lücke auf im Zug, und es erscheint – tadaaa – der Prinzenwagen. Die jeweilige Tollität, diesmal Axel II., schleudert die Bonbons gleich kistenweise unters Volk. Der Prinz hat immer den prächtigsten Wagen.
Ist der Prinz erstmal durch, zerstreut sich die völlig erschöpfte Menge schnell und hinterlässt die Gegend, die dann aussieht wie Sau.
Doch man muss nicht lange warten, denn eine starke Truppe nähert sich unter Höllenlärm. Spätestens um 19 Uhr, es ist inzwischen schon fast dunkel, wird die Straße gefegt. – Das hat uns jetzt wieder Spaß gemacht.