Notizen aus Aachen: Die Kunst, das Wasser und das Stadion

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Was wird aus diesem Gelände am Hauptbahnhof? Sollten dort nicht Wohnungen für Studierende gebaut werden? Lagen nicht schon konkrete Pläne vor? (Mitte Mai fotografiert von der Burtscheider Brücke aus)

Wer auf sein Anliegen aufmerksam machen will, muss sich was einfallen lassen. Die Stadtverwaltung in Aachen wollte ein kleines Bächlein in Haaren unter die Erde verlegen, die Anwohner wollten das nicht. Sie baten den Aachener Künstler Karl von Monschau um Hilfe. Der füllte Wasser des Bächleins in 50 kleine Flaschen ab, fügte noch ein wenig Blattgold hinzu und nannte das Ganze „Haarener Blattgold“. Jetzt wurden die kleinen Flaschen

"Haarener Blattgold" von Karl von Monschau, jetzt zu sehen im Fenster der Galerie Galerie von der Milwe
„Haarener Blattgold“ von Karl von Monschau, jetzt zu sehen im Fenster der Galerie von der Milwe

während der Sitzung des Rates der Stadt verteilt. Der Oberbürgermeister nach einer Weile: „Jetzt reicht es aber.“ Demnächst hat ein Richter das letzte Wort, denn die Haarener gehen für das Rinnsal vor Gericht.

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A propos Wasser: Bei der Neugestaltung des Nikolausviertels ist mal gar nicht die Rede von der Quelle „Großer Monarch“, die sich in dem Viertel befindet. Noch blubbert sie unter einem Hinterhof-Kanaldeckel vor sich hin. Soll das so bleiben? Der „Große Monarch“ ist eine der heißen Quellen, denen Aachen seinen Namen verdankt und die die Stadt berühmt gemacht haben.

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Die Bahn verkehrt ab sofort sechs Wochen lang nicht mehr zwischen Aachen und Düren – in beiden Fahrtrichtungen. Der Grund: Gleisbauarbeiten. Busse bringen die Reisenden von Aachen (ab Hackländerstraße) nach Düren. Von dort geht es dann weiter mit dem Zug zum Flughafen und ab da in die Ferien. Fahrräder dürfen übrigens im Bus nicht mitgenommen werden. Wichtig: Stolberg, Eschweiler und Langerwehe sind auch während der Bauzeit per Bahn zu erreichen.

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Kunst. Eigentümer ist allerdings nicht das Land NRW und auch nicht der WDR.
Kunst. Eigentümer ist allerdings nicht das Land NRW und auch nicht der WDR.

Die Kunstschätze der ehemaligen WestLB werden übrigens nicht verkauft. West LB-Nachfolgerin Portigon, eine Stiftung, ein Museum und eine Bank drehen die Sache so, dass die 380 Kunstwerke und drei Musikinstrumente im Besitz des Landes NRW bleiben. Und das Land NRW, also wir alle, zahlen pro Jahr 300.000 Euro an Zinsen für den Kredit, der in der Angelegenheit aufgenommen werden musste. Damit die Bilder, die wir schon mal bezahlt haben, in unserem Besitz bleiben. Schön blöd.

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Auch der WDR ist im Besitz von Kunst. 600 Werke sollen in den Fluren des Senders hängen, 50 sollen in London versteigert werden, damit man mit den Rundfunkgebühren auskommt und das Programm anspruchsvoll bleibt. Schön wär’s, aber gegen die Versteigerung erhebt sich Widerspruch. NRW-Ministerin Ute Schäfer hat sich schon eingemischt. Ich werde demnächst davon absehen, Kunst zu kaufen. Sie ist ja anscheinend neuerdings unverkäuflich.

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Zwei Millionen Euro kostet die Stadt Aachen, also uns alle, pro Jahr das Stadion der Alemannia (an Unterhaltskosten). Jetzt wurde ausgehandelt, dass der Verein 12.500 Euro Miete im Monat zahlen muss. Das sind 150.000 Euro im Jahr. Nach einem Aufstieg in die 3. Liga wären 25.000 Euro pro Monat fällig. Nach einem Durchmarsch in die 2. Liga würden die Schwarz-Gelben 800.000 Euro im 1. Jahr zahlen müssen. Danach 1,3 Millionen Euro. Außerdem kämen – aber sich darüber Gedanken zu machen ist völlig überflüssig – ab dem 2. Jahr in der 2. Liga noch Erlöse hinzu.

Raus aus der Stadt, hinein ins Grüne

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Spazierengehen am Lousberg, unter den Blättern dicker Bäume, das erfrischt. Von der Aachener Innenstadt aus ist man mit dem Auto in 10 Minuten mitten im Grünen. Touristen gibt es dort gar nicht, nur einzelne Spaziergänger und ab und zu mal einen Jogger. Die Wege sind rund um Aachen außerordentlich gut gepflegt. Und die Farbe Grün lässt sich in allen nur möglichen Nuancen erleben.

Oben auf dem Lousberg, der an dieser Stelle Salvatorberg heißt,  befinden  sich unter anderem eine Kirche, die gerade restauriert wird und ein Gebäude (s. unten) , das mal ein Kloster war. Heute ist es ein Gästehaus und gehört dem Sozialwerk Aachener Christen. Wer dort Gast sein darf, ist mir nicht bekannt. Es gibt auch einen ehrenamtlich tätigen Verein, der sich um den Erhalt von Kirche und Kloster bemüht.

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Das Foto unten entstand nicht am Lousberg, sondern in einer ganz anderen Ecke Aachens: An dem Sportplatz Adenauerallee, wo demnächst Flüchtlinge in Containern wohnen werden. Die Gegend ist im Grunde ein Paradies für Spaziergänger. Es ist schön, einmal direkt links vom Sportplatz in den Wald hinein zu gehen.

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Mit vielen Fragen geht es in die Sommerpause

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Mitten in Aachen in der Wilhelmstraße wird die Qualität der Luft gemessen. Die Ergebnisse sind niederschmetternd.

Hier die Themen/Fragen, die uns in der Sommerpause und bestimmt auch noch darüber hinaus beschäftigen werden. Wahllos zusammengestellt. 

Wie viele Container wird die Stadt Aachen denn nun dieses Jahr aufstellen (müssen)? Für 70, 90 oder 500 Menschen? Und wo werden diese Container stehen? Werden sich die Ereignisse und vor allem die Zahlen der ankommenden Flüchtlinge so überschlagen, dass auch noch Turnhallen als Schlafstätten in Betracht kommen? Warum wurde nicht bereits vor zwei Jahren, als sich die Flüchtlingswelle abzeichnete, mit der Planung von preiswerten Wohnungen begonnen?

Werden die Jugendlichen in den Wohncontainern in Burtscheid freies W-LAN bekommen? Wird es gelingen, dort Freifunk zu aktivieren? Wird die Verwaltung ihre Geringschätzung gegenüber dem Aufbau eines Freifunk-Netzes in Aachen aufgeben?

Was wird aus dem Radschnellweg Aachen, Kohlscheid, Herzogenrath, Heerlen? Die Strecke wird wegen der täglichen Blechlawine zunehmend unbefahrbar. Wird eine relevante Zahl von Autofahrern nach Fertigstellung des Radschnellweges das Auto stehen lassen und sich Fahrräder kaufen? Schön wäre es. (Dazu s. unten: lesenswerte Anmerkung.)

luftqualität AachenWas wird aus dem Aachener Altstadtquartier Büchel? Die Antoniusstraße soll verkürzt und ein Laufhaus errichtet werden. Das Parkhaus soll abgerissen und kleinteilige Bebauung bevorzugt werden. Wird der Städtebau-Wettbewerb gute Ergebnisse bringen? Und wird die Finanzkraft der Investoren reichen, das Gelände dort zu bebauen? In welchem Zeitraum? Wird es nach Abriss des Parkhauses an Parkplätzen fehlen? Wird dort Aachens uralte Badekultur mal wieder unter die Räder kommen?

Der Campus wird gebaut, wird dieses neue Stadtviertel an die Innenstadt irgendwie angebunden oder wird das ein für sich allein existierender Fremdkörper sein/bleiben? Kann Aachen es nach Jahrzehnten schaffen, sich als „Wissensstadt“ zu präsentieren? Oder bleiben die zwei Teile weiterhin getrennt? Die Vorschläge zur Verbindung der beiden sind dünn und dürftig.

Was wird aus dem Musikbunker? Er ist für Aachen viel bedeutender als das, was jetzt Architekten in unmittelbarer Nähe errichten wollen. Mit dem Bunker verschwände ein unersetzbarer Teil der Aachener Jugendkultur. Der Bunker ist in Gefahr, weil seine Gäste nachts und am frühen Morgen naturgemäß laut sind, und die Anwohner sich vor Gericht durchsetzen können. Wenn nun auch noch die letzte Seite zugebaut wird mit Wohnungen, wird der Bunker keine Chance mehr haben.

Wird es gelingen, die unkontrollierte Geldausgabe in den beiden Aachener Museen zu stoppen? Ludwig Forum und Suermondt-Ludwig-Museum sind finanziell zwei Fässer ohne Boden, die jeweilige Leitung dieser Häuser konnte bisher nicht gebremst werden. Wird es gelingen, dem einen doch noch zu kündigen und für das andere Haus eine passende neue Leitung zu finden?

Was in aller Welt wird aus der Müllverbrennungsanlage in Weisweiler, dieses überdimensionierte Ding, das einmal verantwortungslose Leute gegen den Rat aller Vernünftigen bauen ließen und das wir mit viel zu teuren Müllgebühren dann finanzieren mussten? Werden dort weitere Millionen investiert wegen Umtrieben, die nur schwer zu begreifen sind?

Was wird aus dem belgischen Atomkraftwerk in Tihange? Uralt und mit tausenden Rissen, die immer länger und tiefer werden? Werden auf deutscher Seite Politiker das Stehvermögen haben und gegenüber den Belgiern klare Kante zeigen? Oder wird man wieder memmenhaft mit den Schultern zucken und sich bequem, faul und konfliktscheu einreden, man könne ja sowieso nichts machen?

Kann Aachen Fortschritte machen in Sachen Inklusion? Und wird man verstehen, dass Inklusion sich nicht nur auf behinderte Menschen bezieht, sondern auf alle, die heimlich oder offen, leise oder laut ausgeschlossen und abgeschnitten sind vom gesellschaftlichen Leben, vom Lernen, vom Arbeiten und den guten Jobs in Unternehmen und Verwaltung?

Wird es endlich gelingen, einen Weg zu finden, wirkungsvoll die giftigen Substanzen in der Aachener Luft zu verringern? Oder wird sich die Stadt mit der Bezirksregierung vor Gericht streiten, verlieren und viel Geld für Anwälte ausgeben?

O.k so könnte es noch ein bisschen weitergehen . . . keine Pointe.