„Unorte“ und Vorzeige-Orte

In Aachen gibt es viel zu sehen, wenn man sehen kann. Das Sehen kann man lernen, und dann fallen einem die „Unorte“ auf, die hier in einer  kleinen Serie unter dem Titel „Aachen von hinten“ zusammengefasst sind. Mich wundert es sehr, wie viel Platz den Autos eingeräumt wird. Abseits von den Straßen, meine ich. Überall dürfen sie stehen – in Garagen oder auch außerhalb davon, und sie machen zusammen mit den Mülleimern einen Ort zu einem hässlichen Ort. Kinder dürfen sich dort natürlich nicht aufhalten, sie könnten die Wagen beschädigen, und das empfinden die Autobesitzer als großes Unglück.

Hinterhöfe in Aachen, hier: Jakobstraße.
Aus der Serie „Aachen von hinten“, hier: Jakobstraße.
Aachen luetischer Straße
Aachen. Untere Lütticher Straße.
aachen Theaterstrasse
Aachen, Theaterstraße

Mit etwas Glück darf man einen Blick in die Theresienkirche in der Pontstraße werfen. Es ist Aachens einzige Rokoko-Kirche. An einem Sonntag war die Türe ausnahmsweise geöffnet, weil dort Menschen aus Rumänien eine Messe feierten. Es war uns zunächst nicht gelungen zu hören, in welcher Sprache der ganz in Goldfarbe gewandete Geistliche sprach. Später konnte ich jemand fragen.

aachen Theresienkirche
Sehr sehenswert: Die Theresienkirche von innen. Die Kirche brannte im 2. Weltkrieg aus und wurde danach original wiederhergestellt. Sie spielt in einer Geschichte von Heinrich von Kleist eine wichtige Rolle.

Das Foto (oben) gibt den Goldglanz-Effekt nur unvollkommen wider, man ist in der Kirche geradezu geblendet. Wie ein Schmuckkästchen glänzt unterdessen auch ein Laden in der Pontstraße, in dem es Printen in allerlei Ausführungen zu kaufen gibt. Weich und hart, mit Schokolade und ohne, es ist ein großes Angebot. Printen sind eine Aachener Spezialität, Aachener essen sie im Winter um die Weihnachtszeit. Printen im Sommer zu essen, das kommt uns „falsch“ vor.

printen Aachen
Einer von zahlreichen Printenläden, die es in Aachens Innenstadt gibt. Printen, einst eine Speise armer Leute, werden in der Pontstraße sehr veredelt angeboten.

Das Presseamt der Stadt bittet um journalistisch Auswertung. Machen wir gern:

„Mille Voix“ lautet das Motto der 4. Internationalen Chorbiennale in Aachen, die sich vom 31. Mai bis zum 14. Juni mit über 35 Konzerten und Veranstaltungen in der Stadt präsentiert. Deren Programm stellte jetzt Ansgar Menze, der Künstlerische Leiter der Chorbiennale, gemeinsam mit Professor Fritz der Wey aus dem Künstlerischen Beirat und gleichzeitig Leiter einer der Initiativchöre vor. Rund 1800 Sängerinnen und Sänger aus Aachen und Umgebung nehmen 2015 an der Chorbiennale teil. Zudem sind Chöre aus Frankreich, den Niederlanden, Belgien, Lettland, der Ukraine, aus St. Petersburg und den USA zu Gast in Aachen. Einzelheiten dieser 4. Internationalen Chorbiennale entnehmt ihr der Festivalbroschüre, die auch in gedruckter Form an der Festivalkasse im Theater vorliegt.  Weitere Infos zur Chorbiennale 2015 gibt es im Internet unter www.chorbiennale.com

Kläger will Versammlungsrecht durchsetzen und scheitert vorerst

Aachen Haibaches Forst Braunkohle
Seit April 2012 haben Aktivisten am Rand des Braunkohletagebaus eine Wiese besetzt. Der Eigentümer der Wiese duldet das, er lässt die Wiese nicht räumen und musste sich deshalb schon mehrfach vor Gericht verantworten.

Zu tumultartigen Szenen kam es am 21. Mai in einem Aachener Gerichtssaal. „Shame on you“ und „schämt euch“ riefen die jungen Leute, die mit dem Urteil der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen unter Vorsitz von Richterin Brunhilde Küpper-Aretz nicht einverstanden waren.

Die Kammer – bestehend aus drei Berufsrichterinnen und zwei Schöffen – befand, dass der Eigentümer einer Wiese bei Morschenich (Kreis Düren) im Unrecht sei. Und dass der Kreis Düren am 22. März 2013 zu Recht eine Ordnungsverfügung gegen den Mann erlassen hatte. Kurt Claßen, der Eigentümer einer Wiese ist, auf der Waldbesetzer ein Protest-Camp errichtet haben, kann sich mit seiner Duldung der Besetzer-Gruppe nicht auf das Versammlungsrecht berufen. Seine Klage wurde abgewiesen, er wird  dagegen Berufung einlegen.

Verhandelt wurde in Saal 9, in einem von zwei extra großen Sälen des Gerichtsgebäudes. Das war gut so, denn knapp 50 Aktivisten, die den Hambacher Forst vor den Baggern des RWE retten wollen, waren dort

Braunkohle Hambacher Forst
Vor dem Gericht sowie innen waren Polizisten jederzeit einsatzbereit.

erschienen. Und mit ihnen mindestens dreimal so viele Polizisten in Kampfuniformen und mit Schlagstöcken. Die Naturschützer wurden am Eingang intensiv gefilzt, so dass der letzte erst den Gerichtssaal erreichte, als die Verhandlung schon gut 20 Minuten im Gange war. Vor dem Gerichtsgebäude hatten die Waldbesetzer eine Art Lager mit einem Zelt aufgebaut. Dort verteilten sie nach der Verhandlung Suppe und legten Transparente aus.

Begonnen hatte die Verhandlung mit einer Darstellung des Streitfalles, wie er aus den Akten ersichtlich ist. Der Kläger (Kurt Claßen) habe der Protestbewegung  sein Grundstück am Rande des Hambacher Forst zur Verfügung gestellt. Die Aktivisten hätten darauf 19 Zelte, Bauwagen und Hütten errichtet, so wurde verlesen. Trotz mehrerer Bescheide habe Claßen nicht dafür gesorgt, dass auf seiner Wiese die Bauten entfernt werden. Er ist der Ansicht, dass die Aktivisten ihr Versammlungsrecht wahrnehmen und dieses ihnen nicht genommen werden dürfe.

Haarklein legte Claßen dar, dass die Wiese nicht vorrangig zum Wohnen genutzt wird. Das Camp sei ein zentrales Symbol des Protests, es symbolisiere die Menschen, die wegen des landschaftsfressenden Braunkohleabbau aus ihren  Häusern und von ihren Höfen vertrieben wurden. Er sprach auch ausführlich über ein zweites, ganz anderes Verfahren vor dem Kölner Finanzgericht. Dieses führe „einen Vernichtungskrieg“ gegen ihn und habe bewirkt, dass „ich mich nicht richtig auf das Aachener Verfahren vorbereiten konnte“. Er forderte das Gericht auf, sich für befangen zu erklären. Das Gericht lehnte ab.

Claßen stand in der Angelegenheit schon mehrfach vor Gericht. Zuletzt hatte das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass einmal grundsätzlich geklärt werden müsse, ob nicht das Versammlungsrecht Vorrang hat vor dem Baurecht, das der Kreis Düren durchsetzen will. Das Baurecht sieht vor, dass auf der Wiese keine Bauten oder ein Zeltplatz errichtet werden dürfen.

Das Versammlungsrecht ist ein Grundrecht. Was genau eine Versammlung ist, definierte die Richterin im Verlauf der Verhandlung. Sie führte aus, dass in einem ähnlichen Fall ein Roma-Lager vor dem NRW-Landtag als Mittel des Protests anerkannt wurde und unter das Versammlungsrecht gefallen sei. Allein: Im Falle  des Camps in Morschenich kam das Gericht nach 45-minütiger Beratung zu einer anderen Einschätzung. Eine ausführliche Begründung werde nachgereicht, sagte die Richterin.

Die Verhandlung wurde von mindestens vier TV-Teams begleitet. WDR und RTL durften vor Beginn der Verhandlung filmen. Während der Verhandlung durften keine Aufnahmen gemacht werden.

braunkohle, Gericht Haibaches Forst
Die Aktivisten machte vor dem Gerichtsgebäude auf vielfache Weise auf sich und ihr Anliegen aufmerksam.

Das Grashaus: Rathaus, Kerker, Archiv, Europahaus

Grashaus Aachen
Das Grashaus, von der Schmiedstraße aus betrachtet: Die Fassade ist mittelalterlich, der Rest eher nicht.
Grashaus Aachen
Das Treppenhaus mit Zeichnungen des Berliner Künstlers Andree Volkmann.
Das Grashaus in der Schmiedstraße war mal Rathaus, mal Gefängnis und am Ende (seit 1890) Stadtarchiv. Es wurde im 2. Weltkrieg stark zerstört. Seit 1267 steht es im Zentrum der Stadt, aber von der Bausubstanz aus jener Zeit ist nur die Fassade erhalten, und von dieser auch wiederum nur Teile. Der Rest stammt aus dem 19. Jahrhundert.
Das Stadtarchiv zog vor einigen Monaten in denReichsweg (ehemalige  Rheinnadel Fabrik), das  Grashaus wurde danach restauriert und am vergangenen Wochenende wiedereröffnet. Man konnte es nun im Rahmen

Grashaus Aachen
Verbindung zwischen dem Vorderhaus (l.) und dem neueren Teil (r.) der Anlage. Alles ist dort (innen und außen) eng und schwer zu fotografieren.

von Führungen besichtigen. Das Haus ist wirklich sehenswert, es wurde von Besuchern überrannt. Ohne Pause wurden die Menschen rundgeführt, in Gruppen zu jeweils 15.

Das Grashaus ist jetzt ein Europa-Haus, denn thematisch geht es innen ausschließlich um Europa – ein Riesenthema, das dort Schülerinnen und Schülern nahegebracht werden soll. Früher war das Grashaus wohl doppelt so groß wie heute. Der 2. Weltkrieg hat es quasi halbiert. Trotzdem: Man sollte es gesehen haben.

Innen hat der KünstlerAndree Volkmann aus Berlin die Wände schwarz auf weißem Grund bemalt. Sehr ungewöhnlich. Klar, dass der Leiter des Hauses

grashaus Aachen
Urkundenschränke, für die ein bestimmtes konstantes Raumklima herrschen muss.

stolz darauf ist, dass er in dem alten Kasten mit einer so modernen Wandgestaltung überraschen kann. Da knallt Modern auf Alt und passt gut zueinander.

Innen gibt es einen Arbeitsraum für ein Team, der ist technisch sehr gut ausgestattet. Sodann ist ein imposanter Urkundensaal vorhanden mit Schränken, die zugleich Lesepulte sind. Und ein Kreuzgewölbesaal im Erdgeschoss.
Der Umbau hat 2,73 Millionen Euro gekostet (Quelle: Aachener Nachrichten). Das Geld wurde von der Stadt Aachen, dem Land NRW, dem Bund und der EU aufgebracht. Das Haus ist  Teil der „Route Charlemagne“. Das ist ein Weg, auf dem die wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Museen im Umfeld der historischen Pfalz Karls des Großen zu besichtigen sind.

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www.grashaus-aachen.eu

http://www.route-charlemagne.eu/Startseite/index.html

 Anmeldung für Besichtigungen/Führungen unter Tel.: 0241 / 432 4998

Grashaus Aachen
Wände und Decke im Urkundensaal sind wunderschön.
grashaus Aachen
Wirklich viel zu prächtig für eine Nutzung als Stadtarchiv! Gut, dass das endlich umgezogen ist. Die Optik stört allein die Klimaanlage, die muss aber sein, damit die alten Schränke keinen Schaden nehmen. Wegen des Klimas dürfen im übrigen nur 15 Personen den Raum gleichzeitig betreten.
Grashaus Aachen
Ein weiterer Raum im Erdgeschoss mit Multimedia-Animation.
Grashaus Aachen
Hier wird „Unterricht“ der vermutlich etwas anderen Art stattfinden.